Athe-aktuell: „Landwirtschaft mit allen Sinnen erleben“ – Von der Schule zu den Kühen
Was kann es Besseres geben, als sich morgens in der Schule zur ersten Stunde im Klassenraum zu treffen, um dann gleich wieder die Schule zu verlassen?
Wir sind nämlich mit allen 5. Klassen und einer 6. Klasse an drei aufeinanderfolgenden Tagen mit dem Bus zu verschiedenen Milchviehbetrieben gefahren. Sogar der Oberstufenkurs von Frau Hintzpeter ist freiwillig mitgekommen.
Frau Wohler hat diese Tage zusammen mit den Landwirten Herr Wilkens (Ahlerstedt), Robohm (Hagen) und Haack (Bützflethermoor) und Frau Hintzpeter organisiert, um allen SchülerInnen ein realistisches Bild von der modernen Landwirtschaft zu vermitteln. Und das haben wir auch bekommen.
Nachdem wir angekommen und herzlichst begrüßt worden sind, konnten wir schon einmal unsere Taschen ablegen – und das mitten im vollen Kuhstall… Und dann gab es erst einmal ein Picknick inmitten des Futtertisches der Tiere. Dafür hatten die MitarbeiterInnen Tische und Bänke für uns aufgestellt. Und auch sonst wurde sehr auf Sauberkeit und Hygiene geachtet. Aus dem Grund mussten wir uns alle blaue Einwegüberschuhe anziehen. Immerhin sollen die Kühe ja gesund bleiben und sich nicht durch von uns eingeschleppte Krankheitserreger infizieren.
Und dann ging es schon auch los – auf zu den einzelnen Stationen, die an dieser Stelle vorgestellt werden
Station 1: Die Fütterung
Auf der ersten Station wurde uns erst einmal bewusst, aus wie vielen unterschiedlichen Bestandteilen das Futter unserer Milchkühe besteht. Eine Kuh frisst am Tag durchschnittlich 55-60 kg Futter und um diese Menge und die einzelnen Bestandteile zu veranschaulichen, wurden sie für uns auf der Stallgasse einmal aufgestellt. Anfassen und Probieren durften wir natürlich auch!
Das Futter besteht zum größten Teil mit 21 kg aus der Grassilage. Dieses Gras wir nach dem Schnitt unter eine Folie gelagert, wo es mithilfe von Milchsäurebakterien haltbar wird und dann nach Bedarf verfüttert werden kann. Zu der Grassilage kommt mit einer Masse von 19 kg die Maissilage. Diese beinhaltet die ganze Pflanze. Zusätzlich wird aber auch 6,3 kg von Maisschrot gefüttert, welches nur die aufgebrochenen Kerne mit ihren Nährstoffen beinhaltet. Mit einem gleichen Anteil wie Maisschrot ist die Rapssilage Bestandteil des Futters. Uns wurde erklärt, dass es ein sogenanntes Eiweißfuttermittel ist und viel Energie liefert. Diese ist vor allem wichtig für die Milchproduktion der Kühe. Mit dem geringsten Anteil, 400 g wird Mineralfutter beigemischt. Es besteht aus Salzen, Vitaminen und anderen Nährstoffen.
Diese einzelnen Futteranteile werden mit Wasser vermischt, wodurch sichergestellt wird, dass bei jeder Kuh alle Komponenten zur Verfügung stehen und sie effektiv ernährt wird. Die Fütterung der Kühe verläuft technisch. So gibt es einen bestimmten Roboter, welcher alle relevanten Daten zur Menge und Mischverhältnis gespeichert hat.
Des Weiteren wurde uns noch etwas über die Stallhaltung der Kühe beigebracht. Die Wohlfühltemperatur der Kuh liegt bei 0 bis 8 Grad Celsius. Erstaunlich, dass sie es so kalt mögen. Zudem ist eine frischere Luft optimal für die Kuh. Dies hat zur Folge, dass die Kuh mit höheren Temperaturen, wie die in der Sommerzeit nicht umgehen kann. Auch wenn Kühe die Möglichkeit hätten auf der Weide zu stehen, so würden sie doch eher den kühleren, belüfteten Stall bevorzugen, da Kuhweiden oft zu wenig Schatten in Form von Bäumen bietet. (Jannika Marie Kasten &. Solveigh Hansen)
2. Station: Der Kälberstall
Als zweite Station ging es wohl zur Lieblingsstation für die meisten SchülerInnen zum Kälberstall. Hier wurden uns die grundlegenden Fakten über die Aufzucht und Haltung der Jungtiere erklärt. Aber auch das Streicheln der Tiere kam nicht zu kurz.
Zunächst ging es zu den Iglus, in denen die jüngsten Kälber untergebracht werden. Das Jüngste war dabei gerade einmal zwei Tage alt. Die Kälber von Milchkühen werden üblicherweise direkt nach der Geburt oder nach wenigen Tagen vom Muttertier getrennt, da die Jungtiere erdrückt werden könnten und das Verletzungsrisiko zu hoch wäre. Dazu kommt, dass die Haltung von Kalb und Muttertier sehr unhygienisch wäre, denn das Kalb könnte sich in das verdreckte Stroh legen. In den Boxen der Kälber ist die Hygiene viel höher und man kann genau sehen, wie viel das Tier trinkt, was eben sonst nicht möglich wäre und entscheidend für die Aufzucht ist.
Zudem wurde uns noch erklärt, dass die Kälber ohne Immunsystem auf die Welt kommen. Deshalb durften wir die Kleinen auch nur mit Handschuhen streicheln, um eventuelle Infektionen zu vermeiden. Die Stärkung des Immunsystems wird erst über das Kolostrum übertragen. Das ist die Milch, die kurz nach der Geburt von Säugetieren an deren Nachkommen abgegeben wird. Bei Kühen wird diese Milch der ersten fünf Tage nach dem Kalben auch Biestmilch genannt, die die Immungloboline enthält. Die Biestmilch ist reich an Eiweiß, Enzymen, Vitaminen, Mineralien, Aminosäuren und Antikörpern. So soll das Kolostrum die Neugeborenen optimal versorgen. Als Wirkung soll sie Stress abbauen und das Immunsystem stärken. Dabei ist es irrelevant von welcher Kuh diese kommt, da das Kalb so viel wie möglich dieser Milch bekommen soll. Die Jungtiere bekommen sowohl morgens als auch abends drei Liter Milch aus dem sogenannten Milchtaxi, wo die Milch drin erwärmt und meistens mit einem Eisenpräparat versetzt wird.
In den ersten sechs Tagen bekommt das Kalb auch zwei Ohrmarken, die wichtige Informationen über das Tier enthält und der amtlichen Kennzeichnung und Registrierung dient.
Ab zwei bis sechs Wochen werden die Kälber schließlich enthornt, indem die Hornanlagen ausgebrannt werden, denn Kühe mit Hörnern können sich gegenseitig und auch den Menschen verletzen. Dieses Risiko ist besonders dann hoch, wenn die Tiere zu wenig Platz haben oder sich die Herdenstruktur ändert und es somit zu Kämpfen kommt. Mittlerweile wird allerdings auch immer mehr der Fokus auf die Zucht von hornlosen Tieren gelegt, um die Enthornung zu umgehen, da diese sehr unangenehm für die Tiere ist.
Die weiblichen Kälber verbleiben in der Regel auf dem Betrieb, um später ebenfalls Milch zu liefern. Bullenkälber hingegen werden mit zwei Wochen zum Schlachten weiterverkauft. Besonders die männlichen Kälber der Hochleistungsmilchrassen haben einen geringen wirtschaftlichen Wert, weil sie für die Mast nicht gut geeignet sind. Häufig werden sie über weite Strecken ins Ausland wie zum Beispiel Holland gebracht, um dort geschlachtet zu werden. Fleischrassen bringen dagegen schon einen höheren Ertrag.
Nach drei Wochen kommen die weiblichen Kälber in einen Laufstall mit Gleichaltrigen. Dort bekommen sie drei Monate weiterhin Milch, aber auch Kälbermüsli, Heu und Silage, um das Magensystem auszubilden. Denn solange sie nur Milch bekommen, wird auch nur einer der vier Mägen beansprucht. Wenn sie älter werden rücken sie in den nächsten Laufstall auf. Dies geht bis sie fünf bis sechs Monate alt sind. Ab da ziehen die jungen Kühe in einen größeren Rinderstall um. Wenn sie dann mit 13 bis 15 Monaten geschlechtsreif sind, werden sie besamt und bekommen selber in neun bis zehn Monaten ein Kalb. Denn erst dadurch produzieren die Kühe dann die Milch, die für die Lebensmittelindustrie benutzt wird.
(Leah Engelke)
3. Station: Der Melkstand
Auch im Melkstand durften wir uns mal genauer umschauen. Hier werden die 250 Kühe des Hofes zweimal täglich, morgens und nachmittags, gemolken. Dafür werden sie von ihrem Boxenlaufstall dorthin getrieben. Auf dem Hof Haack können 28 Kühe zur gleichen Zeit mit einem elektronischen Melkgeschirr manuell gemolken werden, diese werden in der steilen Fischgräte (mit dem Euter zum Melkgeschirr) aufgestellt. Anschließend werden die Euter von Hand mit Seife gereinigt und mit einem Dippmittel desinfiziert. Dies ist wichtig, um die Kühe vor Euterkrankheiten zu schützen. Bedeutsam ist das darauffolgende einminütige Vormelken, um die Qualität der Milch und das Euter auf Infektionen zu überprüfen. Hiernach im fünf- bis sechsminütigen Ablauf des Melkens werden zwei Mal täglich circa 20 Liter gewonnen. Insgesamt trinkt eine Kuh am Tag 250 bis 300 Liter Wasser und produziert täglich 40 Liter Milch. Die Milch besteht zu 80 Prozent aus Wasser. Erst durch die Trächtigkeit wird bei der Kuh, wie bei allen Säugetieren, Milch produziert. Die Milchleistung steigert sich durch den Melkprozess. Beim ersten Melken gibt die Kuh vier bis fünf Liter und nach circa 100 Tagen ist die Leistung am höchsten. Nach dem Vorgang des Melkens werden die Zitzen des Euters mit einem Pflegepräparat behandelt, um es vor bakterielle Infektion zu schützen.
Direkt neben dem Melkstand befindet sich ein 18.000 Liter Tank, der die Milch zwei Tage bis zur Abholung vom Tankwagen speichert und keimfrei hält. Das Milchtaxi enthält für den Einzelhandel unbrauchbare Milch, für die Kälber aber brauchbare Milch bereit. (Malin Steffens, Lara Madlen Stach, Laura Patjens)
Station 4: Praktischer Teil – Brot- und Butterherstellung
In der letzten Station mussten wir nochmal selber Hand anlegen. Nach dem vielen Zuhören eine gelungene Abwechslung. Als erstes durften wir Brot backen und Butter herstellen.
Bevor wir mit der Zusammenmischung der Zutaten beginnen konnten, mussten wir noch die Hefe vorbereiten, damit das Brot später im Ofen richtig aufgeht. Dafür haben wir in ein Schraubglas etwas Wasser gefüllt und die Hefe dazugegeben. Dies haben wir dann solange kräftig geschüttelt, bis die Hefe sich in dem Wasser komplett aufgelöst hatte und somit eine braun gefärbte, durchsichtige Flüssigkeit entstand. Nun konnten wir mit dem Zusammenmischung der Zutaten weitermachen. Dafür haben wir Roggenschrot, Weizenvollkornmehl, Haferflocken, Salz, die Hefeflüssigkeit, Buttermilch und verschiedene Körner in eine Schüssel gegeben. Nachdem der Teig gut verrührt wurde, haben wir ihn in eine mit Butter eingefettete Kastenform gegeben und im Ofen bei 200°C Ober- Unterhitze solange gebacken bis es goldbraun war.
Rezept: Müslibrot aus der Milchwerkstatt
300 g Vollkornweizenmehl
200g Vollkornroggenmehl
ca. 500ml Buttermilch
2 EL Sonnenblumenkerne
2 EL geschroteter Leinsamen
2 EL körnige Haferflocken
1 TL Zucker
1 TL Salz
1 Würfel Hefe
Die Hefe in ein Schraubglas bröseln, etwa 50 ml lauwarmes Wasser hinzufügen und schütteln.
Mit allen Zutaten verrühren.
Ein Hefeteig liebt es lauwarm, er mag gern geknetet werden und er braucht Zeit. Den Teig in eine Kastenform geben und gehen lassen!
Wenn der Teig sich verdoppelt hat, bei 180°C und ca. 50 Minuten bei Ober- und Unterhitze backen.
10 Minuten bei ausgeschaltetem Backofen ruhen lassen.
Guten Appetit!
Währenddessen haben wir aus Sahne Butter hergestellt. Dafür haben wir Sahne in ein Schraubglas gefüllt. Dabei muss beachtet werden, dass das Glas nicht zu voll wird und noch ein bisschen Luft im Glas ist. Danach muss das Glas solange geschüttelt werden, bis sich die dünnflüssige Buttermilch von der reinen Butter löst. Alternativ kann man, wenn man keine Lust auf das etwas zeitaufwendigere Schütteln der Butter hat, diese auch mit einem (elektrischen) Handrührgerät aufschlagen, bis der gleiche Effekt wie beim Schütteln auftritt. Danach haben wir den Inhalt des Glases in ein Sieb gegossen, wodurch die Buttermilch nun von der Butter komplett getrennt wurde. Somit war nun unsere eigene Butter fertig hergestellt. Probiert es doch auch mal aus! Die übergebliebene Buttermilch kann man auch noch für andere Dinge weiterverwenden. Die Butter liegt nun in einer weichen Form vor. Diese kann aber auch noch in eine feste Form, wie man sie zum Beispiel aus dem Supermarkt kennt, gebracht werden. Dafür spült man sie unter laufendem Wasser ab und knetet sie mit den Händen, bis eine feste Masse entsteht. Anschließend kann man sie in ein Gefäß seiner Wahl füllen und sie im Kühlschrank fest werden lassen.
Am Ende des Tages konnten wir neben einer Abschlussfragerunde unser selbst gebackenes Brot mit unserer selbst hergestellten Butter probieren. Lecker!
(Lea Brandt, Timo König)
Wir hatten einen wunderbar erlebnisreichen und informativen Tag auf den Höfen von Familie Wilkens, Familie Robohm und Familie Haack. Wir möchten uns ganz herzlich bei diesen drei landwirtschaftlichen Betrieben und vor allem auch bei Karen Wohlers bedanken, die für uns ihre Türen in ihre Welt geöffnet und sich sehr viel Zeit für uns genommen haben.
Ein weiterer ganz besonderer Dank geht an den Verein der Eltern, Ehemaligen und Freunde des Athenaeums in Stade e.V., die uns auch in diesem Jahr wieder mit 500 Euro finanziell unterstützt haben, um die Kosten für die Busfahrten gering zu halten.
Mal schauen, wo es nächstes Jahr hingeht, um „Landwirtschaft mit allen Sinnen zu erleben“!