Athe-im Bild: Seemannsgarn von Rymhart

Von Mode für ältere Damen zu zünftigen Troyern – zu so einer Erfolgsgeschichte gehören nicht nur eine gute Idee und deren Umsetzung. Zufall, Missgeschicke und gewagte Entscheidungen trugen hier ebenso ihren Anteil bei.
1989 stieg Karl-Frank Siegel in den Familienbetrieb mit dem Seepferdchen als Logo ein. Selber gelernter Tischler, hatte er eigentlich andere Lebenspläne, verspürte dann aber doch den Wunsch, die Firma weiterzuführen. Das Stricken hat er seitdem lieben gelernt.
Angefangen mit den Troyern betreibt er seit November 2011 die Marke Rymhart, das Seepferdchen wurde im Sommer 2021 endgültig eingestellt. Nun liegt der Fokus auf der Produktion aus Wolle – und alles nur deshalb, weil Karl-Frank Siegel für sich selbst einen hochwertigen und strapazierfähigen Pullover entwickeln wollte. So kam eines zum anderen: Mittlerweile ist Rymhart weitläufig bekannt und insbesondere die Troyer populär.

Anmerkung der Redaktion: Dieses Fotoprojekt wurde im Seminarfach „Fake News und Qualitätsjournalismus“ bei Herrn Mathews realisiert.

von Janne Wagner und Jannik Peters

Der Inhaber: Karl-Frank Siegel
Der Onlineshop läuft gut, aber auch der Werksverkauf in Stade lohnt sich: Ein Drittel der Einnahmen wird ausschließlich hier gewonnen.
„Kapitalismus ein menschliches Antlitz geben – das muss doch gehen!“ Nach dieser Philosophie versucht Karl-Frank Siegel, sein Unternehmen zu gestalten.
Mit den Wollfäden fängt alles an. Jedes Garn besteht aus zwei zusammengedrehten Fäden. Die Wolle ist das Besondere an „Rymhart Troyern“.
Nachtschicht: Die Strickmaschinen sind die einzigen Gerätschaften, die nachts manchmal weiterlaufen.
Motoren bestimmen, wie tief die Nadel in den Kanal der Strickmaschine gezogen wird. So kann die Größe der Maschen bestimmt werden. Je tiefer die Nadel, desto größer die Masche.
Damit die Wolle nach dem Stricken in der gewünschten Form bleibt, wird sie gedämpft. Jeder Artikel hat dabei andere Vorgaben, die alle eingehalten werden müssen, damit die richtige Größe dabei herauskommt.
Zuschnitt der Einzelteile: Jede mitarbeitende Person hat eine eigene Schere. Die Scheren müssen so scharf sein, dass sie nicht mehr brauchbar sind, nachdem damit einmal Papier geschnitten wurde.
Fast schon Zero Waste: Der einzige Abfall, der neben Hausmüll anfällt, sind kleinere Schnittreste. Kommt es zu Fehlproduktionen, werden diese in Einzelteile zerlegt, neu zusammengesetzt und als Unikate verkauft.
Selten geworden: Bei den Troyern wird mit einer maschengenauen Kettelnaht gearbeitet. Dieses Vorgehen sorgt für eine hohe Qualität und ist in der Fast Fashion Industrie kaum noch zu finden.
Die Kettelmaschine wird für Krägen und Ärmel benötigt. Dafür wird das Gestrickte am Rand Masche für Masche aufgetrennt. In jede Masche sticht eine einzelne Nadel.
Weg von Fast Fashion: Rymhart bietet einen Service zur Aufbereitung und Reparatur an. Dabei reichen die Aufträge vom Waschen bis hin zum Flicken, Auswechseln des Futters oder Nachbessern von Säumen.
In der Endkontrolle wird jedes Kleidungsstück genau vermessen und mit Hilfe von Dampf gegebenenfalls angepasst.
„Buy less, choose well, let it last“: An diesem Zitat von der britischen Modedesignerin Vivienne Westwood orientiert sich Karl-Frank Siegel gerne.
Seit kurzem gibt es auch Decken bei Rymhart: Sie sind auf einer Seite fein und weich und auf der anderen Seite gröber. Dies kommt ausschließlich durch einen halbstündigen Waschgang mit streng festgelegten Einstellungen zustande.
Den Onlineshop gibt es nur, weil es einen Rechenfehler in den Finanzen gab – Siegel dachte, ihm stünde mehr Geld zur Verfügung, als es der Fall war. Nur daraufhin begann er, den Shop aufzubauen. Wie sich herausstellte, eine glückliche Fügung.
Nie genug Platz: Die Firma läuft so gut, dass Karl-Franz Siegel ständig umbaut, um mehr Platz für Mitarbeitende, die Produktion neuer Artikel und Materiallagerung zu schaffen. Hier soll demnächst das Garnlager erweitert werden.
Genau genommen heißt nur der Onlineshop Rymhart. Denn wer einmal einen Artikel im Laden gesehen hat, möchte ihn auch gerne online wiederfinden.
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