Nachgedacht über…: Depressionen – und wie man sich Hilfe sucht
Depressionen: Eine Volkserkrankung. Viele leiden darunter, ohne es selber zu wissen und noch mehr leben damit, ohne es jemandem zu sagen. Noch immer ist in der Gesellschaft nicht angekommen, dass psychische Erkrankungen genauso ernst zu nehmen sind wie physische und es kein Tabu sein sollte, darüber zu reden.
Einmal vorweg: Was sind Depressionen? Eine Depression ist eine psychische Störung, unter der ungefähr 15% der Menschen irgendwann einmal in ihrem Leben leiden werden. Die Hauptsymptome sind gedrückte Stimmung (Freudlosigkeit), Interesseverlust, Antriebsmangel, Selbstzweifel/-hass und hohe Ermüdbarkeit. Es kommen noch zahlreiche Nebensymptome dazu, unter denen jedoch nicht jeder betroffene leidet. Insgesamt ist bei einer Depression zu beachten, dass sich diese bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich äußert. Auch gibt es verschiedene Schweregerade, weswegen man nie von einem zum andern schließen sollte.
Ich gebe euch ein Beispiel: Marie scheint nach außen hin das Leben einer normalen Jugendlichen zu führen. Sie geht zur Schule, macht nachmittags ihre Hausaufgaben und hat zahlreiche Hobbys. Sie verbringt Zeit mit ihren Freunden und lacht viel. Doch abends dann, wenn sie alleine in ihrem Zimmer ist, verändert sich ihr Zustand von fröhlich zu tieftraurig. Dies hat nichts mehr mit den pubertären Stimmungsschwankungen zu tun, die viele Jugendliche haben. Den ganzen Tag über ist sie beschäftigt und hat somit kaum die Zeit nachzudenken, doch abends ändert sich dies. Denn das ist es häufig: nachdenken. Zu viel nachdenken. Menschen, die dies tun, werden gerne mal „Overthinker“ genannt, doch wissen Außenstehende selten, wie schwer das Leben für solche Menschen ist. Sie überdenken wirklich alles, was ihnen im Alltag passiert und finden bei jeder Kleinigkeit etwas Negatives. Oft sind Mädchen davon betroffen, was auch erklärt, dass bei diesen die Gefahr an einer Depression zu erkranken höher ist als bei Jungen beziehungsweise Männern, was allerdings nicht bedeutet, dass man es bei ihnen nicht genauso ernst nehmen sollte.
Auch Traumata in der Kindheit können eine Depression auslösen. Meistens sind es jedoch viele Faktoren, die zusammenkommen müssen, um eine solche zu verursachen. Man kann sich das so vorstellen, dass jeder Mensch ein Glas hat. Bei einigen Menschen ist das Glas bereits zu Anfang voller als bei anderen. Beispielsweise bei besonders sensiblen Menschen. Andere hingegen haben anfangs ein beinahe leeres Glas. Im Laufe des Lebens häufen sich immer mehr Faktoren an, die dieses Glas Stück für Stück füllen. Bei einigen ist es wie bereits erwähnt ein Trauma. Dieses füllt das Glas meist um ein gutes Stück. Andere kleinere Faktoren wie Stress, in die Brüche gehende Freundschaften oder toxischen Beziehungen (die oft auch zu einem Traumata führen) können dieses Glas ebenso füllen. Was hilft, das Glas wieder zu leeren? Positive Faktoren, die einen stärken: Sport, Menschen treffen, die mir gut tun, sich aussprechen…Wenn es voll ist, entsteht eine Depression. Dies erklärt auch, weshalb zwei Menschen die dasselbe durchgemacht haben, nicht beide zwangsläufig an einer Depression erkranken müssen.
Im Beispiel von Marie ist es unfassbar schwer herauszufinden, dass es ihr nicht gut geht. Doch es gibt andere Fälle, in denen es weitaus offensichtlicher ist. Teils können Schüler in diesem Zustand nicht mal mehr zur Schule kommen. Alltägliche Aufgaben wie duschen oder gar essen werden zu einer Qual. Jeden Morgen aufzuwachen ist die Hölle. Und das teils früher als bei „gesunden“ Menschen. Denn eines der oben erwähnten Nebensymptomen ist es tatsächlich, scheinbar grundlos gegen drei oder vier Uhr morgens aufzuwachen. Insgesamt gehen Depressionen oft mit Schlafproblemen einher. Genauso aber mit andern psychischen Erkrankungen, wie selbstverletzendem Verhalten, einer sozialen Phobie oder einer Essstörung. Zudem ist diese Krankheit Schuld an ungefähr der Hälfte der Suizide in Deutschland. Denn tatsächlich haben rund ein Drittel der von Depressionen betroffenen Personen mit Suizidgedanken zu kämpfen und jeder Zehnte stirbt letztendlich daran. Die Dunkelziffer ist weitaus höher.
Spätestens, wenn man sich die Zahlen so vor Augen führt, erkennt man, wie ernstzunehmend diese Krankheit ist und deswegen ist es unfassbar wichtig, nicht wegzugucken, wenn man bemerkt, dass eine Person davon betroffen ist. Wenn du dies also mitbekommen solltest, dann gehe auf die Person zu. Biete ihr ein offenes Ohr an und höre ihr zu. Was du auf gar keinen Fall tun solltest ist, mit gutgemeinten Ratschlägen um die Ecke zu kommen oder von deinen ganzen schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit zu erzählen. Dadurch fühlt sich die Person oft nicht ernstgenommen. Und da du als Freund, Familienmitglied oder Bekannter nicht die Qualifikation eines Therapeuten hast, wäre es im nächsten Schritte wichtig, der betroffenen Person zu helfen, sich professionelle Hilfe zu holen. Das ist etwas, wofür sich niemand schämen sollte.
Solltest du selber betroffen sein, bitte ich dich darum, dich jemandem anzuvertrauen. Sei es eine Freundin, dein Bruder, Eltern, Arzt oder eine Lehrkraft, es ist komplett gleich. Hier bei uns am Athe kannst du auch zum Beratungsteam Frau Jensen, Frau Heimann oder Herrn Washof gehen. Alle drei Personen werden mit allen Mitteln versuchen dir zu helfen. Aber bitte, bitte, bitte friss deine Gefühle nicht in dich herein und setze nicht jeden Tag ein Lächeln auf, obwohl dir nicht danach ist. Und denke nicht, dass deine Probleme weniger wichtig seien, nur weil du von einem Freund gehört hast, dass es ihm noch schlechter geht als dir. Nur weil ein anderer noch größeren Schmerz aushalten muss als du, heißt das nicht, dass deiner weniger ernst zu nehmen ist.
Zuletzt bitte ich euch alle noch darum, anhand der oben genannten Symptome keine Selbstdiagnose zu stellen. Wenn ihr jedoch bemerkt, dass vieles davon zutrifft, dann holt euch bitte Hilfe und vertraut euch jemandem an.
von Julie Poulain
Good to know:
Beratungsteam am Athe:
Schulsozialarbeiterin: Lisa Jensen (Raum A024)
Beratungslehrerin: Gabriele Heimann (Raum A110)
Beratungslehrer: Wolfram Washof (Raum A110)
Allgemeine Notfallkontakte:
Nummer gegen Kummer: 116 111
Genutzte Quellen:
WHO/Europa; Wikipedia; Volkskrankheit Depression: Wo Liebe allein nicht hilft: ARD Doku; rosenfluch.ch