Nachgedacht über…: Disney – Die Traumfabrik als schlechter Einfluss?

Der Name „Walt Disney“ steht für ein Epos, das unsere Gesellschaft maßgeblich geprägt hat, fast überall in unserem Alltag zu finden ist und noch heute Millionen Menschen mit seinem Zauber begeistert. Die Disney-Filme sind fester Bestandteil so gut wie jeder Kindheit, bedeuten viele schöne Erinnerungen und werden auch bis ins hohe Alter noch immer wieder gerne geschaut. Gerade die alten Klassiker wie „König der Löwen“, „Cinderella“ oder „Die Schöne und das Biest“ überzeugen eben mit ihren bunten Bildern und den interessanten Figuren, die in magischen Welten unvergessliche Abenteuer erleben und dabei wichtige Werte vermitteln wie Gerechtigkeit, Mut oder Loyalität. Doch wie moralisch und unschuldig sind die Kultfilme wirklich? Und wie weit wirkt sich der enorme Einfluss der Geschichten und seiner Botschaften auf uns positiv aus und wo wird er möglicherweise problematisch?

Die (alten) Klassiker sind teilweise schon fast ein ganzes Jahrhundert alt und stammen damit aus einer Zeit, in der noch viele Dinge anders waren als heute. Dadurch finden sich darin leider auch viele Ansichten und Darstellungen, die in der heutigen Zeit als weniger moralisch korrekt bis hin zu „äußert problematisch“ angesehen würden. Darüber gibt es bereits viele interessante Beiträge (wovon auch einige unter den Quellen zu finden sind) und das ist auch nicht alles, was ich hier sagen will. Gerade für Kinder sind die Disneyfilme eine intensive und prägende Erfahrung und die klassische Märchenprinzessin für viele Mädchen eine Traumrolle. Doch was ist falsch daran, auch so wie die liebenswerten, hübschen und neugierigen Prinzessinnen in den Filmen sein zu wollen? Die klassische Disney-Prinzessin ist in der Regel groß und schlank, bildhübsch, unschuldig und tadellos freundlich. An sich keine schlechten Eigenschaften. Doch ein Kritikpunkt für viele ist, dass dieser alte weibliche Stereotyp (kleinen) Kindern, die von den Filmen beeindruckt sind, vermittelt, dass so eine richtige Frau zu sein hat. Dass sie als Mädchen immer gepflegt, höflich und zurückhaltend sein müssen, aber auch dass sie sich ihrem Schicksal hingeben müssen und ihr Leben nicht selbst in die Hand nehmen können, da Prinzessinnen in den klassischen Märchen immer darauf angewiesen sind, von einem tapferen Prinzen oder einem anderen Helden gerettet zu werden. Es haben außerdem auch einige Studien, unter anderem von der Brigham Young Universität, herausgefunden, dass viele junge Mädchen, die sich in ihrer frühen Kindheit mit Disneyprinzessinnen beschäftigt und identifiziert haben, sehr viel stärker „typisch weibliches“ Verhalten zeigen, sich mehr für „Mädchensachen“ interessieren, aber auch unsicherer werden und ein schlechteres Körperbewusstsein entwickeln. Jungen hingegen sollen durch die Filme eher positiv beeinflusst und in ihrer Selbstsicherheit bestärkt werden. Das zeigt schon wieder sehr gut, dass die Darstellung der Geschlechterrollen bei Disney bei Weitem nicht optimal ist. Man muss Disney lassen, dass ihre Prinzessinnen über die Jahre dennoch eine ganz schöne Entwicklung durchgemacht haben. Das sieht man daran, dass die Damen mit der Zeit langsam rebellischer und eigenständiger auftreten, von dem festgefahrenen „idealen“ Körperbau abweichen und irgendwann auch nicht mal mehr auf einen männlichen Helden angewiesen sind. Ihre Persönlichkeiten werden auch individueller und rücken weiter in den Vordergrund. Das ist alles sehr schön anzusehen, doch bis zu den modernen und eigenständigen Prinzessinnen wie Elsa, Vaiana und Co. war es ein weiter Weg -und von den meisten typischen Aspekten wie westlichen Schönheitsidealen und der Hetero-Traumhochzeit am Ende scheint Disney sich doch nur schwer lösen zu können. Da sieht man, dass hier in Sachen Diversität noch Einiges gemacht werden könnte. Viel erwarten kann man jedoch wahrscheinlich nicht, da Disney bewusst keine Dinge wie beispielsweise gleichgeschlechtlicher Liebe zeigt, da seine Produktionen auch in Ländern beliebt sind, in denen solche Inhalte verboten sind. Die Filme müssten dort zensiert werden oder dürften gar nicht erst gezeigt werden, wodurch Disney einen Teil seiner (gewaltigen) Einnahmen aufs Spiel setzen würde und daher lieber gleich darauf verzichtet, ein etwas vielfältigeres Weltbild zu vermitteln und unterrepräsentierten Gruppen auch eine Rolle in ihren Geschichten zu gönnen.
Ein anderes Beispiel ist allerdings noch direkter und vielleicht sogar noch gravierender. Auch wenn es nicht schön ist und für viele die magische Illusion dieses großen Kindheitstraumes trübt, fällt bei genauerem Hinsehen auf, dass in den meisten Filmen eindeutig rassistische Details und Anspielungen zu finden sind. Zum Bespiel in „Dumbo“ oder „Aristocats“ treten Charaktere auf, die rassistische Stereotype repräsentieren und bewusst überspitzen, wie zum Beispiel die Krähe Jim Crow, die nicht nur wie eine alte rassistische Klischee-Figur wirkt, sondern auch nach ihr benannt wurde (mehr Informationen und konkrete Beispiele findet ihr im Internet ziemlich schnell, wenn ihr nach Klischees bei Disney sucht). Aber auch in anderen alten Streifen gibt es viele hauptsächlich böse, oder negativ assoziierte Figuren, die durch Aussehen, Sprechweise (meistens nur in den englischen Original-Versionen zu hören) oder Dinge, die sie sagen, diese Bilder vermitteln und damit andere Nationalitäten bewusst ins Lächerliche ziehen und dämonisieren. Dies ging zum Teil schon so weit, dass manche der Szenen damals schon herausgeschnitten oder abgeändert wurden und so nie in der Fassung, die wir heute kennen, enthalten waren. Doch auch diese ist noch lange nicht angemessen, da eben viel zu viele Details noch immer zu finden sind und für Empörung sorgen. Doch wie kann man diese Klassiker jetzt noch mit gutem Gewissen anschauen und toll finden? Der Streaming-Anbieter „Disney+“ hat aus dieser Problematik bereits Konsequenzen gezogen, indem er in den alten Filmen und ihren Beschreibungen Hinweise einblendet, dass einige Szenen nicht mehr zeitgemäße, rassistische oder sexistische Inhalte aufweisen können. Vielen ist dieser bloße Hinweis aber noch nicht wirklich genug. Es gibt einige Expert*innen, die sich mit diesem Thema beschäftigt und auch in den sozialen Medien ihre Meinung dazu geäußert haben. Ein Verbot für die Filme halten allerdings die meisten für nicht sinnvoll. Sie sind immer noch ein großes Meisterwerk, das viele Generationen geprägt hat und immer wieder aufs Neue begeistert. Kinder sollten die Chance haben, dieses Stück Kultur zu entdecken, auch wenn es die Welt nicht so präsentiert, wie sie ist oder sein sollte (es sind ja schließlich auch Fantasyfilme). Viel wichtiger ist, dass Kinder, die die Chance haben, in einer Welt und einer Zeit zu leben, in der die Ansichten anders sind und viel mehr auf Respekt gegenüber anderen Kulturen und Geschlechtern geachtet wird, auch lernen, diese Probleme und Missstände selbst zu sehen und richtig damit umzugehen. Es ist nichts Falsches, die alten Disney-Filme weiterhin toll zu finden und auch mit Kindern zu teilen, jedoch sollte man sich bewusst machen, dass manche Ansichten und Darstellungen, die darin auftauchen so nicht in Ordnung sind, auch wenn sie Teil einer Disney-Geschichte sind. Witze oder Anspielungen die bewusst auf Kosten bestimmter Gruppen gehen oder sie als etwas Schlechtes darstellen, sind nicht okay, auch nicht in schönen Kinderfilmen mit Millionen von Fans.
Problematische Darstellungen und grenzwertige Texte gibt es leider in vielen Filmen. Disney ist nur ein Beispiel, aber eben auch ein sehr gutes, da es hier eine riesige Franchise mit enormer Reichweite gibt, wodurch es auch besonders stark ins Auge fällt. Ich habe mich entschieden, über anhand dieses Konzerns zu schreiben, da er eben mit vielen vermeintlich nicht kinderfreundlichen Inhalten in ikonischen Familienfilmen für besonders viele Diskussionen und Kontroversen gesorgt hat. Außerdem fand ich es wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass seine Reichweite und Omnipräsenz einen großen Einfluss auf unsere Gesellschaft hat und dass dieser Einfluss eben, wie oben erwähnt, nicht nur gute Aspekte mit sich bringt, sondern, wie die Filme selbst, auch seine Schattenseiten hat. Damit will ich die Klassiker keinesfalls schlechtreden oder als schädlich darstellen, aber dennoch darauf hinweisen, dass man versuchen sollte, sich nicht nur von ihrem kindlichen Charme blenden zu lassen und ihre Botschaften vielleicht besser auch mal mit kritischem Blick betrachten sollte.
Quellenverweis:
https://www.derstandard.at/story/2000117025356/rassismus-und-sexismus-in-alten-filmen-wie-disney-mit-leichen
https://www.bbc.com/worklife/article/20190724-did-disney-shape-how-you-see-the-world

von Katharina Wenk

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