Nachgedacht über…: Was Komplimente mit uns machen

Was machen Komplimente mit uns? Einige werden damit überschüttet, andere bekommen kaum, eines. Oft hat es mit Äußerlichkeiten zu tun, selten mit dem Charakter und doch stärken Komplimente unser Selbstwertgefühl enorm und zaubern uns auch an schlechten Tagen ein Lächeln auf Gesicht.
Es heißt, Mädchen kriegen mehr Komplimente als Jungs, geben aber auch mehr. Wenn eine Junge einem anderen etwas Nettes sagt, dann wird dies oft als schwul abgestempelt. Neben der Tatsache, dass schwul in der heutigen Gesellschaft, wo sich doch alle so sehr für Gleichberechtigung einsetzten, lange nicht mehr als Beleidigung gelten sollte, hindert es viele Jungen, sich gegenseitig Komplimente zu machen. Sagt ein Junge es zu einem Mädchen, so muss er in sie verliebt sein und sagt ein Mädchen einem Jungen, dass ihm etwas an ihm gefällt, dann auch. Wenn jedoch zwei Mädchen sich für ihre Frisur oder Klamotten loben, scheint das normal zu sein.

Aber was machen Komplimente mit uns? Stellt euch vor, ihr wacht morgens auf. Ihr habt die Nacht über schlecht geschlafen und habt dunkle Augenringe. Dann meckert eure Mutter auch noch herum, dass ihr die ganze Nacht nur am Handy wart, und schon ist die Laune im Keller. Ihr verlasst das Haus, mit den Kopfhören in den Ohren, und geht mit wenig Motivation zur Schule. Es muss jetzt nicht mehr unbedingt etwas Schlechtes passieren, um eure Laune dort zu halten, wo sie ist. Passiert nichts Schönes, wird sie den ganzen Tag über dort verweilen. Als endlich die erste Doppelstunde vorbei ist, geht ihr über den Schulhof und plötzlich kommt euch eine Person entgegen, die euch mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht sagt, dass sie eure Augen liebt. Oder eure Haare, oder euren Style. Ganz gleich, ihr könnt nicht umhin, das Lächeln der Person zu erwidern. Für sie ist es eine Kleinigkeit, aber euren Tag hat es gerettet.
Was ich versucht habe zu veranschaulichen, ist, dass schon ein kleiner Gefallen, und sein es nur nette Wort, bereits einen immensen Wert haben. Es kostet euch nichts, jemandem zu sagen, dass euch sein oder ihr Lächeln gefällt. Dass ihr euch wohl in ihrer Nähe fühlt oder, dass ihr es bewundernswert findet, wie gut er beim Fußballspielen ist. Doch leider sagt man das viel zu selten. Man denkt, dass es eine Selbstverständlichkeit ist und es sich darum nicht lohnt. Aber soll ich euch mal etwas verraten? Das ist es nicht. Selbst sehen sich die meisten nicht annähernd so schön, wie andere es tun. Man selbst hält sich oft für zu hässlich oder zu dick, ohne zu merken, dass andere es ganz anders empfinden. Darum bitte ich euch um eine Sache. Wenn ihr das nächste Mal merkt, dass euch etwas an jemandem gefällt, dann behaltet das nicht für euch, sondern sagt es dieser Person. Sie wird sich mehr freuen als ihr glauben könnt und diesem Tag eine schöne Wende geben.
Vielleicht fragen sich nun einige von euch, wie ich ausgerechnet auf dieses Thema gekommen bin. Mir ist aufgefallen, dass ich während meines Schüleraustausches in Frankreich sehr viel mehr Komplimente bekommen habe als hier in Deutschland. Heute hat mir eine neu gefundene Freundin gesagt, wie schön sie es findet, Zeit mit mir zu verbringen und dass ich sie glücklich mache. Man könnte meinen, es sei nur ein Satz, doch dieser Satz hatte für mich einen enormen Wert. Sogar jetzt noch, zehn Stunden später, denke ich lächelnd darüber nach. Zwar verstehe ich nicht, was sie an mir so gerne mag, aber es gibt etwas an mir, was mich für sie besonders macht, und das ist es, was zählt.
Worte haben eine unglaubliche Kraft. Sie sind eine gefährliche und zugleich wunderschöne Waffe. Mit nur wenigen kannst du eine Person tagelang traurig machen, kannst damit aber auch das Gegenteil bewirken. Passe also auf, was du sagst, aber halte die netten Worte nicht zurück. Denn sie machen etwas mit uns, etwas Schönes.

von Julie Poulain

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