Athe-International: Tagebuch eines Auslandjahres – Teil VI: Wie mein Leben hier aussieht
Die Sommerferien sind jetzt schon seit einer Weile vorbei und ich bin seit einigen Monaten zurück in Deutschland. Eine Tatsache, die ich so noch nicht ganz glauben kann. Meinen letzten Bericht über mein Austauschjahr habt ihr vor einigen Monaten gelesen und auch, wenn die Zeit schon weit vorangeschritten ist, bitte ich euch noch einmal, dass ihr euch gedanklich zurückbewegt zum Beginn dieses Jahres. Neben den Artikeln über Planung, Ankunft und Schule will ich euch nämlich gerne von meinem Alltag in Norwegen berichten.
Wenn man an ein Auslandsjahr denkt, kommen vielen Menschen bestimmt Bilder von Cheerleadern und Highschools in den Kopf. Allerdings wohne ich hier nicht in den USA, sondern in Norwegen, weswegen mein Leben hier ganz anders aussieht. Neben dem Schulalltag, der leider meist genauso alltäglich wie in Deutschland abläuft, sehen meine Wochenenden schon ganz anders aus. In Norwegen ist es nämlich so, dass die meisten Leute neben ihrem Haus auch noch eine Hütte in den Bergen oder an der Küste besitzen, die sie in den Ferien, aber auch am Wochenende besuchen. Meine Gasteltern haben sogar zwei und so kommt es nicht selten vor, dass wir an den Wochenenden die Fahrt auf uns nehmen und dort hinfahren. Dabei haben wir die Wahl zwischen der Küste in Arendal und den Bergen der Telemark. Im Sommer konnte man noch schwimmen gehen, im Winter dann Skifahren oder auch einfach nur am warmen Kamin in einer Decke eingekuschelt ein Buch lesen. Zu diesen Gegebenheiten leisten meine Gastschwestern, die allesamt nicht mehr zuhause wohnen, uns gerne mal Gesellschaft.
Zudem bin ich hier bekannt mit einer deutsch-norwegischen Familie mit drei Kindern geworden, die auf einem kleinen Hof in der Nähe wohnen. Jeden Dienstag kann ich mir dort eines der Pferde schnappen und reiten gehen. Im Gegenzug helfe ich auch bei der Stallarbeit mit oder beschäftige die Kinder.
Für einen gewissen Zeitraum habe ich in der Schule auch bei der Nachmittagsbetreuung der jüngeren Klassen mitgeholfen. Dies wurde mir von vielen Seiten empfohlen, um mein Norwegisch zu verbessern und ich muss tatsächlich zustimmen, dass es mir vor allem zu Anfang viel leichter gefallen ist mit diesen kleinen Kindern norwegisch zu sprechen als mit Gleichaltrigen oder Erwachsenen.

Im – dann doch recht langanhaltenden – Winter sind meine Aktivitäten etwas zurückgegangen und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass die viele Dunkelheit einem nicht auch mal aufs Gemüt geht. Die Weihnachts- sowie Osterferien haben wir auf der Hütte in den Bergen verbracht, wobei meine Eltern und Schwester mich auch für ein paar Tage hier besucht haben. Meine Schwester und ich sind Alpinski gefahren, während meine Eltern Langlaufski bevorzugt haben.
Im April dann hatte meine Klasse eine Drama-Periode, oder mit besser verständlichen Worten: Wir hatten für zwei Wochen lang Theater im Hauptfach (von dem ich in meinem letzten Artikel gesprochen habe) und anschließend eine gesamte Woche mit lediglich Theaterproben. Die Woche darauf hatten wir genauso wenig normalen Unterricht, da wir für die fünf Tage in eine Hütte in der Umgebung gefahren sind und dort mathematische Landvermessungen durchgeführt haben. Doch neben dem ganzen Vermessen und Ausrechnen hatten wir auch schöne Abende am Lagerfeuer und eine Wanderung auf den Preikestolen. Dabei wandert man vier Kilometer den Berg hinauf und kommt schließlich auf ein imposantes Felsplateau, das den Blick auf einen Fjord bietet. Dort war ich tatsächlich im September schon mal mit meinem Gastvater gewesen, doch dieses Mal konnten wir diesen Anblick ganz ohne die anderen hundert Touristen genießen, was das Erlebnis um ein Vielfaches verschönert hat.
Anfang Mai erst schlug auch das Wetter zugunsten des Frühlings um und so hatten wir zum ersten Mal Temperaturen, die die 11°C überschritten und teils bis in die 20er gestiegen sind. Zu diesem Anlass bin ich mit einer Freundin auf den „Dalsnuten“ gewandert und habe den restlichen Tag draußen auf der Veranda verbracht.
Des Weiteren spreche ich seit Februar mit meinen Gasteltern norwegisch und seit März auch mit meinen Lehrern. Lediglich meine Klassenkameraden spreche ich noch auf Deutsch oder Englisch an, was aber schlichtweg daran liegt, dass dies (bis auf die von einem) deren Muttersprachen sind. In den Pausen spielen wir Basketball oder Tischkicker und an Wochenenden gehe ich mit Freunden in Cafés.
Dies war also ein (etwas verspätetes) Update zu meinem Leben hier, zu dem – wie schon angedeutet – auch die norwegische Sprache gehört. Wie ich diese innerhalb von unter einem Jahr gelernt habe, will ich euch gerne in meinem nächsten Artikel erzählen. Bis dahin wünsche ich euch noch eine schöne Zeit, mit hoffentlich viel Sonnenschein.
von Julie Poulain
